Nanoskopische Bläschen mit Kunststoffmembran und
eingebauten Enzymen für mehrstufige Eintopfreaktionen.
Lebende Zellen sind hochkomplexe Synthesemaschinen: Zahlreiche
mehrstufige Reaktionen laufen gleichzeitig nebeneinander und das mit
unglaublich hoher Effizienz und Spezifität. Damit diese zumeist
enzymatischen Reaktionen in ihrer Gesamtheit so prima laufen können,
bedient sich Mutter Natur mehrerer Konzepte. Eines der wichtigsten ist
die Aufteilung in Kompartimente. Enzyme werden dabei nicht nur räumlich
getrennt, sondern auch an spezifischen Stellen innerhalb der Zelle
positioniert. Niederländische Forscher um Jan C. M. van Hest und Alan E.
Rowan haben nun einen Ansatz entwickelt, um dieses Konzept abzukupfern,
wie sie in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichten: Durch gesteuerte
Positionierung zwei verschiedener Enzyme im zentralen Wasserreservoir
bzw. in der Kunststoff-Membran künstlicher nanoskopischer Bläschen
konstruierten sie Nanoreaktoren. Im Kombination mit einem dritten Enzym
in der umgebenden Lösung gelang es, drei verschiedene Enzymreaktionen
gleichzeitig ohne gegenseitige Störungen als "Eintopfreaktion" ablaufen
zu lassen.
Um eine zelluläre Umgebung nachzuahmen, stellten die Wissenschaftler
nanoskopische Bläschen her, die von einer Membran aus einem speziellen
Kunststoff umgeben sind. Der Kunststoff ist ein Blockcopolymer und
entspricht in seinem prinzipiellen Aufbau Lipiden, den natürlichen
Membranbausteinen, mit einer wasserfreundlichen Kopfgruppe und einem
wasserabweisenden Schwanz. In Analogie zu den aus Lipiden gebildeten
Liposomen nennt man diese Bläschen Polymersomen. Dank einer schier
unbegrenzten Freiheit bei der Herstellung solcher Kunststoffmembranen
kann man das Eigenschaftsspektrum der Polymersomen regelrecht
maßschneidern. Die Forscher stellten ihre Polymersomen so her, dass
diese für kleine Moleküle durchlässig sind, für große dagegen eine
Barriere bilden. So lassen sich z.B. Enzyme im Inneren der Polyersomen,
dem so genannten Wasserreservoir, einschließen, die kleineren
Substrat- oder Produktmoleküle können ungehindert passieren.
Um die Leistungsfähigkeit ihrer "Nanoreaktoren" zu demonstrieren,
bauten die Forscher das Enzym Meerrettichperoxidase fest in die
Membran ein. Ins Wasserreservoir schlossen sie das Enzym
Glucoseoxidase ein. Der umgebenden Lösung setzten sie das Enzym Lipase
B zu. Mit vier Acetylgruppen verknüpfte Glucosemoleküle wurden als
Substrat zugegeben. Im ersten Schritt spaltet die Lipase B die
Acetylgruppen ab. Die entstehende Glucose durchtritt die Membran, wo
sie auf die Glucoseoxidase trifft und von ihr oxidiert wird. Dabei
entsteht Wasserstoffperoxid. Darauf hat die in der Membran verankerte
Meerrettichperoxidase nur gewartet, denn sie braucht es, um das -
ebenfalls in der Lösung enthaltene - Beispielsubstrat ABTS
(2,2'-Azinobis(3-ethylbenzothiazolin-6-sulfonsäure)) in sein
Radikal-Kation zu überführen.