Polyoxometallate sind anionische Metall-Sauerstoff-Cluster mit großer
Strukturvielfalt und chemischen Eigenschaften, die vor allem für
Anwendungen in der Katalyse, aber auch in den Materialwissenschaften
sowie der Bio- und Nanotechnologie interessant sind. Ulrich Kortz und
seinen Mitarbeitern gelang jetzt durch Kondensation in wässriger
Lösung die Synthese eines zu dieser Substanzklasse gehörenden
Wolframatogermanat (Summenformel: siehe Abb.2) aus den Vorstufen [alpha-Ge
W9 O34]^10- und Cer(III)-Ionen. Mit seinen insgesamt ca. 600 Atomen,
darunter 100 zu den Schwermetallen zählenden Wolfram-Atomen, ist die
neue Verbindung das drittgrößte jemals in molekularer Form
synthetisierte Polywolframat. Darüber hinaus enthält es die meisten
Atome des zu den "Seltenen Erden" zählenden Elements Cer, die bisher
in ein solches Molekül eingebettet werden konnten.
"Unser neues 'Riesen-Wolframat' weist in einem einzigen Molekül eine
Vielzahl katalytisch aktiver Zentren und somit ein extrem hohes
katalytisches Potential auf, wie dies in der Regel nur bei
biologischen Katalysatormolekülen der Fall ist. Es ist jedoch viel
temperatur- und sauerstoffstabiler und somit weniger empfindlich als
Biokatalysatoren. Darüber hinaus ist es in kristalliner Form auch als
sogenannter heterogener Katalysator, d. h. als feste Substanz in einer
flüssigen Phase, einsetzbar, was die Trennung von Reaktionsprodukt und
Katalysator bedeutend erleichtert. Diese Eigenschaften prädestinieren
unser Wolframatogermanat für den industriellen Einsatz", kommentiert
Ulrich Kortz die Anwendungsperspektiven des neu kreierten Moleküls.
"Unser Syntheseerfolg erlaubt uns außerdem sehr genaue Rückschlüsse
über die Reaktionsmechanismen, die aus den vergleichsweise einfachen
Vorstufen unter streng kontrollierten, aber einfachen
Synthesebedingungen ein hochkomplexes Molekül mit interessanten
funktionalen Eigenschaften entstehen ließen. Dies ist von großer
Bedeutung für die Entwicklung anderer sogenannter 'molekularer
Maschinen', also großer Moleküle, die durch gezieltes Design spezielle
Funktionen erfüllen", sagte Kortz weiter. Die Klasse der
Polyoxometallate sei neben verschiedenen magnetischen und
lumineszenten Eigenschaften hier auch im medizinischen Bereich
vielversprechend, etwa zur Bekämpfung von Virus-Infektionen durch
Blockade des viralen Erbgutes, so der Jacobs-Chemiker abschließend.
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