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Publiziert am 02.10.2007 Infos zum Internetchemie RSS News Feed

Pflanzenstoffe regieren zelluläre Prozesse


 
Erstmalig konnten Dresdner Wissenschaftler nachweisen, dass pflanzliche Stoffe, die etwa in Rotwein, Soja oder grünem Tee vorkommen, wichtige Vorgänge in Körperzellen verlangsamen oder beschleunigen können. Sie docken in der Zelle an dem für die Zellbewegung und Zellteilung verantwortlichen Molekül Aktin an. Abhängig vom jeweiligen Pflanzenstoff, so die neuesten Forschungsergebnisse, die nun in der Fachzeitschrift "Biophysical Journal" veröffentlicht wurden, wird die Fähigkeit des Aktins, sich zu langen Ketten zusammenzulagern, gefördert oder gehemmt. Besonders überraschend war der Befund, dass Pflanzenstoffe auch das Ablesen der Gene im Zellkern beeinflussen.

Mehr als 6000 Flavonoide sind derzeit bekannt. Sie sind etwa als Pflanzenfarbstoffe in Obst und Gemüse enthalten und werden über die Nahrung aufgenommen. Sie werden oft in Zusammenhang mit den positiven gesundheitlichen Auswirkungen von grünem Tee oder Rotwein gebracht. Ihre Wirkungsmechanismen sind jedoch weitgehend unbekannt und auch mögliche Risiken noch nicht sicher beurteilbar. Viele Wissenschaftler arbeiten an der Aufklärung dieser Mechanismen auf molekularer Ebene mit dem Ziel, von der Natur zu lernen, um dann in einem weiteren Schritt hochwirksame Arzneimittel beispielsweise gegen Krebs oder Herzinfarkt zu entwickeln.

Räumliche Struktur von Aktin

Schematische Darstellung der räumlichen Struktur von Aktin. Der Pfeil zeigt auf die Position der vermuteten Bindetasche für Flavonoide. Im Ausschnitt ist die vorhergesagte Struktur des Quercetins in der Bindetasche dargestellt.

Referenz: PDB, ID 1j6z

Zwei erstaunliche Resultate, die auf der Bindung von Flavonoiden mit dem Eiweißstoff Aktin beruhen, kamen nun zutage. Aktin ist das am häufigsten vorkommende und eines der am besten untersuchten Proteine überhaupt. Im Zusammenspiel mit anderen Proteinen ermöglicht es die Muskelkontraktion, die Veränderung der Zellform und die Trennung der Tochterzellen bei der Zellteilung. Bereits vor zwei Jahren fanden Biologen von der Technischen Universität Dresden überraschend heraus, dass Flavonoide auch im Kern lebender Zellen an das Aktin andocken 1). Nun konnten sie gemeinsam mit Biophysikern vom Forschungszentrum Dresden-Rossendorf (FZD) erstmalig im Reagenzglas nachweisen, dass Flavonoide die Kettenbildung von Aktinmolekülen, die für viele Funktionen in Zellen wesentlich sind, so beeinflussen, dass sich die Geschwindigkeit dieser Vorgänge ändert 2). Flavonoide können somit zelluläre Prozesse verstärken oder schwächen. Das gilt sogar für die Geschwindigkeit, mit der im Zellkern das Erbgut von der DNA abgelesen wird. Dieses Ergebnis, so Prof. Herwig O. Gutzeit von der TU Dresden, zeigt erstmals direkt die biologische Wirksamkeit der Flavonoide im Körper bis hin zum Einfluss auf die Genetik von Körperzellen.

Dem Biophysiker Dr. Karim Fahmy vom Forschungszentrum Dresden-Rossendorf (FZD) gelang es zudem, den genauen Wirkmechanismus zu entschlüsseln, wie Flavonoide wesentliche Abläufe in Körperzellen oder im Zellkern verlangsamen oder beschleunigen können. Die Flavonoide funktionieren gewissermaßen wie Schalter, die am Aktin ansetzen und dessen Funktionen hemmen oder verstärken. Mit Hilfe der Infrarot-Spektroskopie untersuchte Fahmy die Wechselwirkungen von Aktin mit dem verstärkend wirkenden Flavonoid Epigallocatechin ("Aktivator") und dem hemmenden Quercetin ("Inhibitor"). Diese Methode ist hervorragend geeignet, um Strukturänderungen in großen Biomolekülen ohne chemische oder andere störende Eingriffe in die sehr empfindlichen Eiweißstoffe aufzuzeigen. Gibt man zu Aktin also eines der ausgewählten Flavonoide dazu, so ändert sich die Struktur des Aktins in auffälliger und typischer Weise. Je nach Art des Flavonoids wird der "Aktin-Schalter" auf erhöhte oder verringerte Aktivität eingestellt und damit die Funktionen des Proteins direkt beeinflusst.

Die Schlussfolgerungen liegen für die Wissenschaftler auf der Hand: Die Wirkung der Flavonoide liegt in ihrer Form begründet. Aktin selbst ist ein flexibles Molekül, wodurch sich erklären lässt, dass verschiedene Flavonoide zwar auf ein und dieselbe Art an Aktin binden, die beobachteten Effekte jedoch von Hemmung bis hin zur Stimulation reichen. Flexible Flavonoide passen sich der Struktur des Aktins an und bilden Komplexe, die die Aktinfunktionen fördern. Starrere Flavonoide dagegen prägen dem Aktin eine Struktur auf, die mit den natürlichen Funktionen von Aktin schlecht vereinbar ist, und können gerade deshalb die von Aktin abhängigen Zell-Prozesse stark hemmen. Dies konnte auch durch Simulationsrechnungen des Bindungsverhaltens von Flavonoiden bestätigt werden. So sind erstmalig Wissenschaftler den bislang unbekannten strukturspezifischen Wirkmechanismen von Flavonoiden auf die Spur gekommen.


 

Quellen und Artikel:

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1) Böhl, M., C. Czupalla, S. V. Tokalov, B. Hoflack, and H. O. Gutzeit. 2005:
Identification of actin as quercetin-binding protein: an approach to identify target molecules for specific ligands
in: Analytical Biochemistry, Volume 346, Issue 2, 15 November 2005, Pages 295-299; DOI 10.1016/j.ab.2005.08.037

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2) Markus Böhl, Simon Tietze, Andrea Sokoll, Sineej Madathil, Frank Pfennig, Joannis Apostolakis, Karim Fahmy, and Herwig O. Gutzeit:
Flavonoids Affect Actin Functions in Cytoplasm and Nucleus
Biophysical Journal, 2007 Vol. 93: 2767-2780; Published ahead of print on June 15, 2007 as DOI 10.1529/biophysj.107.107813

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Das Forschungszentrum Dresden - Rossendorf e.V., FZD, ist mit ca. 700 Mitarbeitern das größte Institut der Leibniz-Gemeinschaft und verfügt über ein jährliches Budget von rund 57 Mill. Euro. Hinzu kommen etwa 10 Mill. Euro aus nationalen und europäischen Förderprojekten sowie aus Verträgen mit der Industrie. Zur Leibniz-Gemeinschaft gehören 83 außeruniversitäre Forschungsinstitute und Serviceeinrichtungen für die Forschung. Leibniz-Institute arbeiten interdisziplinär und verbinden Grundlagenforschung mit Anwendungsnähe. Jedes Leibniz-Institut hat eine Aufgabe von gesamtstaatlicher Bedeutung, weshalb sie von Bund und Ländern gemeinsam gefördert werden. Die Leibniz-Institute verfügen über ein Gesamtbudget von gut 1 Milliarde Euro und beschäftigen mehr als 13.000 Mitarbeiter.

 

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