Zahnimplantate werden bisher ohne Klebstoff im Kieferknochen
verankert. Das führt immer wieder dazu, dass zwischen Zahnfleisch und
Metall Hohlräume bleiben, durch die Bakterien eindringen und
Entzündungen verursachen können. Ein Klebstoff, der das Zahnfleisch
fest mit dem Implantat verbindet, wäre eine Barriere gegen die
aggressiven Keime. Herkömmliche Produkte eignen sich allerdings nicht
dafür, denn sie lösen sich im feuchten Milieu über kurz oder lang auf.
Bestes Beispiel dafür ist die geklebte Tasse, die nach einigen
Reinigungsgängen in der Spülmaschine wieder in Scherben zerfällt.
Deshalb haben sich die Fraunhofer-Experten in der Natur umgeschaut und
bei den Miesmuscheln eine patente Lösung gefunden.
Die Meeresbewohner sind den Chemikern einen großen Schritt voraus. Im
Laufe der Evolution haben sie einen Kleber entwickelt, der nicht nur
unter Wasser funktioniert, sondern auch besonders fest und dauerhaft
kittet. Miesmuscheln haften an jeder denkbaren Oberfläche, ob an
porösem Gestein oder am glatten Schiffsrumpf. Auf Metall sitzen sie
besonders fest und lassen sich selbst von Teflon kaum noch entfernen,
auf dem sonst kaum etwas hält. Für die starke Verbindung sorgt ein
Protein. IFAM-Chemiker können die entscheidenden Teile der Substanz
synthetisch herstellen. Sie haben daraus bereits zusammen mit der
europäischen Raumfahrtagentur ESA einen Klebstoff entwickelt, der in
der bemannten Raumfahrt für alltägliche Reparaturen eingesetzt werden
soll.
Um auch in der Medizin helfen zu können, ist eine weitere Zutat nötig:
ein Wachstumsprotein, das sich ebenfalls synthetisch mit der
klassischen Technik der Festphasenpeptidsynthese herstellen lässt. Es
soll das Wachstum fördern, damit sich das körpereigene Gewebe - in
diesem Fall das Zahnfleisch - besonders eng an das Implantat bindet.
Als dritte Komponente kommt ein klassisches Polymer als Trägersubstanz
hinzu.
In den kommenden zwei Jahren wollen die beteiligten Chemiker,
Mediziner und Techniker die Grundlagen für den praktischen Einsatz
schaffen. Es geht darum, einen optimalen Klebstoff herzustellen und
dessen Wirksamkeit und Verträglichkeit an Zellkulturen nachzuweisen.
Wenn das gelingt, kann ein Folgeprojekt mit Tierversuchen starten. Bis
der Klebstoff beim Menschen zum Einsatz kommt, können nach Ansicht von
Rischka noch fünf bis zehn Jahre vergehen.
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