Für das BfR ist
dies ein deutlicher Hinweis darauf, dass Malachitgrün inzwischen als
Umweltkontaminante anzusehen ist und aus der weiten Verbreitung eine
Hintergrundbelastung des Abwassers und der kommunalen Gewässer
resultiert. Angesichts dieser Situation wird darüber nachgedacht, ob das
Prinzip der Nulltoleranz bei freilebenden Speisefischen aus
Binnengewässern derzeit sinnvoll angewendet werden kann. "Unabhängig
davon sollte die Belastung mit Malachitgrün minimiert werden", sagt
BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel. "Bei Fischen aus
Aquakulturen befürworten wir die Beibehaltung des Nulltoleranz-Prinzips.
Da sie unter kontrollierten Bedingungen gehalten werden, ist der
Nachweis von Malachitgrün in derartigen Proben immer auch als Hinweis
auf einen möglichen illegalen Einsatz des Tierarzneimittels zu werten".
Malachitgrün ist ein Triphenylmethanfarbstoff. Er wurde bzw. wird
sowohl als Farbstoff zur Färbung von synthetischen Fasern und von
Seide eingesetzt als auch zum Färben von Leder und Papierprodukten. In
der forensischen Medizin dient Malachitgrün zum Nachweis von
Blutspuren. Außerdem wird der Stoff als Tierarzneimittel zur
Behandlung von Zierfischen und Zierfischeiern gegen Parasiten,
Pilzbefall und bakterielle Infektionen angewandt. Der Stoff steht im
begründeten Verdacht, das Erbgut zu schädigen und Krebs auszulösen.
Eine tägliche tolerierbare Aufnahmemenge kann bei solchen Stoffen nach
dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft nicht abgeleitet werden.
Im Gegensatz zur Zierfischzucht und -haltung ist Malachitgrün zur
Behandlung von lebensmittelliefernden Tieren wie Speisefischen nicht
zugelassen. Hier gilt die Nulltoleranz: In Fischen und Fischprodukten,
die für den menschlichen Verzehr bestimmt sind, darf Malachitgrün
nicht enthalten sein. Schon Fische und Fischprodukte mit nur sehr
geringen Malachitgrüngehalten sind als Lebensmittel nicht
verkehrsfähig. Anders stellt sich die Situation bei in die EU
importierten Aquakulturprodukten dar. Sie dürfen in den europäischen
Mitgliedsstaaten verkauft werden, wenn die Rückstandsgehalte an
Malachitgrün zwei Mikrogramm pro Kilogramm (µg/kg) unterschreiten.
Dieser Eingreifwert wurde als Mindestanforderung (Minimum Required
Performance Standard, MRPL-Wert) an international verwendete
Analysenmethoden definiert und soll den internationalen Handel
erleichtern. Der MRPL-Wert ist nicht toxikologisch abgeleitet und gilt
nicht für Produkte, die nur innerhalb der EU gehandelt werden. Obwohl
für sie in der EU die Nulltoleranz gilt, werden auch in Deutschland
immer wieder Rückstände von Malachitgrün und seinem Abbauprodukt
Leukomalachitgrün in Speisefischen oder auch in Fischrogen
(Forellenkaviar) nachgewiesen wie beispielsweise im Jahr 2005 in fast
10 Prozent der Speisefischproben, die das Institut für Fischkunde in
Cuxhaven im Rahmen von Routinekontrollen für den Nationalen
Rückstandskontrollplan untersuchte.
Bisher galten positive Befunde immer als Hinweis auf einen illegalen
Einsatz von Malachitgrün als Tierarzneimittel in der Produktion von
Speisefischen. Diese Situation hat sich durch die Ergebnisse der
Pilotstudie des BfR geändert. In einer Untersuchung von wilden Aalen
aus Berliner Binnengewässern wiesen die Wissenschaftler des Instituts
nach, dass es sich bei Malachitgrünrückständen auch um eine
Umweltkontamination handeln kann. Fast die Hälfte der gezogenen Proben
wurde positiv auf Malachitgrün oder Leukomalachitgrün getestet.
Allerdings waren die Gehalte sehr gering. Sie lagen je nach Fanggebiet
zwischen 0,04 und 0,8 µg/kg Aalfilet. Die Rückstände waren nur in
Proben von Fischen nachweisbar, die aus Gewässern stammen, in die
Abwässer von Kläranlagen eingeleitet werden. Das BfR wertet dies als
Beleg für eine Hintergrundbelastung solcher Gewässer mit Malachitgrün.
Fische können den Stoff dann als Umweltkontaminante aufnehmen. Es wird
vermutet, dass die Substanz aus verschiedenen Quellen wie z.B.
Zierfischaquarien, Textilien oder Laboratorien stammt und über die
gereinigten Abwässer aus kommunalen Kläranlagen in die Gewässer
eingetragen wird.
Das gesundheitliche Risiko für Verbraucher, die derart belastete Aale
einmalig oder gelegentlich verzehren, schätzt das Institut als sehr
gering ein. Die weite Verbreitung von Malachitgrün in der Umwelt hält
das BfR aufgrund der toxikologischen Eigenschaften des Stoffes
trotzdem für bedenklich und fordert die Anwender von Malachitgrün auf,
den Eintrag in die Umwelt zu minimieren. Ob das Prinzip der
Nulltoleranz für einen Stoff, der als Tierarzneimittel nicht
eingesetzt werden darf, gleichwohl aber als Umweltkontaminante in
Gewässern verbreitet ist, auf freilebende Speisefische angewendet und
aufrechterhalten werden sollte, bis Minimierungsmaßnahmen greifen,
müssen die zuständigen Behörden diskutieren und entscheiden. Nach
Ansicht des BfR sollten die Gehalte jedenfalls den MRPL-Wert von 2
µg/kg nicht überschreiten.
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