Transportmechanismus von Schlüsselproteinen in der Immunantwort
aufgeklärt
Sebastian Springer, Professor für Biochemie und Zellbiologie der Jacobs
University Bremen, konnte in Zusammenarbeit mit Forschern der Royal
Holloway University of London erstmals zeigen, wie der Transport von
Schlüsselproteinen der Immunantwort an ihren Wirkort an der
Zelloberfläche reguliert wird. Die Ergebnisse sind in der aktuellen
Online-Ausgabe des Journal of Biological Chemistry (siehe unten)
veröffentlicht.
Um eine Virusinfektion erfolgreich zu bekämpfen, muss das menschliche
Immunsystem infizierte Zellen aufspüren. Im Allgemeinen vermehren sich
Viren aber im Zellinneren und sind so vor den im Blut zirkulierenden
Antikörpern und den Immunzellen, den Lymphozyten, verborgen. Das
Aufspüren der verborgenen Viren ist die Aufgabe von
Transportproteinen, sogenannten MHC (Major Histocompatibility Complex
oder Haupt-histokompatibilitätskomplex)-Klasse-I-Molekülen: Sie
bringen Proteinfragmente (Peptide) aus dem Zellinneren an die
Oberfläche, wo sie dann von den Lymphozyten als Virenbestandteile
erkannt werden können; die virusinfizierte Zelle wird dann beseitigt.
Bislang ungelöst war die Frage, wie der Transport der
MHC-Klasse-I-Moleküle an die Zelloberfläche reguliert wird und wie der
Transport ausgelöst wird, wenn die Transportmoleküle "Abfall-Peptide"
aufgenommen haben.
Lymphozyten im fluoreszenzmikroskopischen Bild (Durchmesser
ca. 10 µm): Links: MHC-Klasse-I-Moleküle (grün) ohne Peptide sind
sowohl innerhalb als auch außerhalb des Endoplasmatischen
Retikulums (ER, rot) zu finden. Rechts: MHC-Klasse-I-Moleküle
(grün) mit Peptid-Beladung finden sich ausschließlich an der
Zelloberfläche und außerhalb der ER (rot).
Sebastian Springer und seine Arbeitsgruppe an
der Jacobs University zusammen mit Rainer Duden von der Royal Holloway
University London konnten nun zeigen, dass die MHC-Klasse-I-Moleküle
durch einen Mechanismus reguliert werden, wie er auch z.B. den
Transport von Hormonen oder Zelloberflächenrezeptoren aus dem
Zellinneren steuert: Die MHC-Klasse-I-Moleküle verlassen in
Transportbläschen, den Vesikeln, den Ort ihrer Entstehung innerhalb
der Zelle, das Endoplasmatische Retikulum (ER). Unabhängig von ihrem
Beladungszustand mit Peptiden werden sie zunächst an eine
Zwischenstation, den Golgi-Apparat, transportiert, wo sie einer
"Qualitätskontrolle" unterworfen werden. Fehlt ein gebundenes
Peptidfragment und dem MHC-Klasse-I-Molekül daher die strukturelle
Festigkeit, so werden sie wieder zurück ins ER geschickt und bei der
nächsten Runde aufs Neue überprüft. Erst mit fest gebundenem Peptid
können sie den Weg an die Zelloberfläche antreten. Die gängige
Lehrmeinung war bisher, dass MHC-Klasse-I-Moleküle das ER gar nicht
verlassen können, bis sie Peptide gebunden haben, weshalb die
Kontrolle ihres Beladungszustandes bislang völlig unverstanden war.
Für ihre Untersuchungen verwendeten die Wissenschaftler Zellkulturen
von menschlichen und Hamster-Lymphozyten. Neben der
fluoreszenzmikroskopischen Untersuchung einzelner Zellen zur
Verteilung unbeladener MHC-Klasse-I-Moleküle setzten die Forscher eine
neuartige Methode zur In-vitro-Isolierung von intrazellulären
Transportvesikeln ein, die sie auf den Peptid-Beladungszustand der der
darin enthaltenen MHC-Klasse-I-Moleküle überprüften.
"Die antivirale Immunantwort wird durch einen Mechanismus
kontrolliert, der für präziseste Kontrolle und größtmögliche Effizienz
sorgt. Unsere Arbeiten zum besseren Verständnis dieses Mechanismus
zielt letztendlich auf die Verbesserung von Impfstoffen und die
therapeutische Unterstützung des Immunsystems", kommentiert der
Jacobs-Wissenschaftler Sebastian Springer den Forschungserfolg.
Quellen und Artikel:
-
Malgorzata Garstka, Britta Borchert, Mohammed Al-Balushi, P. V. K.
Praveen, Nicole M. Kühl, Irina Majoul, Rainer Duden, and Sebastian
Springer: Peptide-receptive MHC class I molecules cycle between endoplasmic
reticulum and cis-Golgi in wild type lymphocytes.
In: Journal of Biological Chemistry;
doi: 10.1074/jbc.M701721200