Alleskleber in der Zelle: Ubiquitin als wichtiger Baustein der
Immunantwort
Ubiquitin ist ein kleines Protein, welches in Zellen an andere Proteine
angehängt werden kann. Dieser Prozess wird Ubiquitinierung genannt und
nimmt beim Abbau von Proteinen eine Schlüsselfunktion ein - eine
grundlegende Entdeckung in den 80er Jahren, die 2004 mit dem Nobelpreis
für Chemie gewürdigt. Eine Studie unter Federführung der Nachwuchsgruppe
von Dr. Daniel Krappmann (GSF - Forschungszentrum für Umwelt und
Gesundheit, Institut für Toxikologie) in Zusammenarbeit mit Dr. Jürgen
Ruland (TU München) und Dr. Claus Scheidereit (Max-Delbrück-Centrum,
Berlin) deckte nun auf, dass die Ubiquitinierung auch für die
Aktivierung der Immunantwort eine wesentliche Rolle spielt (siehe
unten).
Die erlernte Immunantwort wird durch die spezifische Erkennung von
Fremdstoffen (Antigenen) durch auf weißen Blutzellen (Lymphozyten)
sitzende Rezeptormoleküle ausgelöst. Für die Aktivierung der
Lymphozyten sind zelluläre Signalwege verantwortlich. Krappmann und
Mitarbeiter konnten nun erstmals nachweisen, dass in einer Untergruppe
der Lymphozyten, den T-Zellen, nach Antigen-Stimulation Ubiquitine an
das Protein Malt1 angeheftet werden. Malt1 ist Teil eines wichtigen
zellulären Schalterkomplexes, dem so genannten CBM
(Carma1-Bcl10-Malt1) Komplex, der eine zentrale Rolle bei der
Aktivierung der Immunabwehr spielt. Mittels biochemischer,
molekularbiologischer und genetischer Untersuchungen gelang es den
Wissenschaftlern nachzuweisen, dass die Ubiquitinierung von Malt1
einen entscheidenden Beitrag zur Aktivierung der T Zellen leistet.
"Mechanistisch wirkt Ubiquitin hierbei gewissermaßen wie ein
Allzweckleber, der es schafft unterschiedliche Proteinkomponenten in
der Zelle in räumliche Nähe zu bringen", erläutert Krappmann, "aber im
Vergleich zu konventionellen Klebstoffen hat die Ubiquitinierung einen
entscheidenden Vorteil: Sie ist reversibel, d.h. die Bindungen können
wieder aufgelöst werden".
Dieser Prozess der De-Ubiquitinierung geschieht in der Zelle
fortlaufend, und kann somit dazu beitragen, eine übermäßige
Aktivierung der T Zellen zu verhindern. Die dauerhafte Aktivierung von
Lymphozyten ist verantwortlich für viele chronische Erkrankungen,
Autoimmunerkrankungen oder auch für die Entstehung von Lymphomen.
Zukünftige Studien sollen nun den Status der Malt1 Ubiquitinierung
unter pathologischen Bedingungen, wie etwa in Malt1 abhängigen
Lymphomen, beleuchten. Die Forscher hoffen, dadurch das Potential des
Ubiquitin Systems als Ziel neuer therapeutischer Ansätze zeigen zu
können.