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Publiziert am 2999.01.2008 Infos zum Internetchemie RSS News Feed

Leben ohne Schmerz - der Afrikanische Nacktmull


 
Der Afrikanische Nacktmull (Heterocephalus glaber) ist eines der ungewöhnlichsten Säugetiere der Erde. Er ist nur 15 Zentimeter groß, kaum behaart, lebt eng gedrängt mit seinen Artgenossen in unterirdischen, stickigen Höhlen und er kennt keinen Schmerz. Was es mit diesem außergewöhnlichen Nagetier auf sich hat, erforschen die Schmerzforscher Prof. Gary R. Lewin vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch und Prof. Thomas J. Park von der University of Illinois in Chicago, USA. Sie konnten jetzt zeigen, dass Säure, die im Normalfall starke, schmerzhafte Verätzungen verursacht, Nacktmullen nichts anhaben kann. "Das ist für Wirbeltiere absolut einzigartig", sagt Prof. Lewin. Auch das Capsaicin in Chilipfeffer, das normalerweise auf der Haut brennende Schmerzen auslöst, lässt die Tiere kalt. Die Forscher vermuten, dass die extremen Lebensbedingungen die Tiere im Laufe der Evolution unempfindlich gegen Schmerzen gemacht haben (PLoS Biology, siehe unten).

Afrikanische Nacktmull (Heterocephalus glaber)

Der Afrikanische Nacktmull (Heterocephalus glaber) ist eines der außergewöhnlichsten Säugetiere der Erde. Zu seinen vielen erstaunlichen Besonderheiten gehört, dass er keinen Schmerz empfindet.

(Photo: Ewan St. J. Smith/Copyright: MDC)

In früheren Arbeiten hatte Prof. Park nachgewiesen, dass Afrikanische Nacktmulle zwei Botenstoffe, die Schmerzsignale an das Gehirn weiterleiten, nicht bilden können: die Substanz P und das Calcitonin Gene related Peptide (CGRP). Doch lässt sich das mangelnde Schmerzverhalten der Tiere nicht allein durch das Fehlen dieser Signalstoffe erklären.

 

Schmerzfühler vorhanden

Zwar sind Nacktmulle, wie alle Wirbeltiere, mit Schmerzfühlern (Nozizeptoren) ausgestattet. Diese Fühler sind sensorische Nervenzellen, deren Nervenendigungen in der Haut liegen. Sie nehmen potentiell gefährliche Reize auf und leiten sie an das Gehirn weiter, das dem Körper einen Schmerz signalisiert. Schmerzempfinden ist im Prinzip für alle Lebewesen überlebensnotwendig, um zum Beispiel gefährliche Situationen vermeiden zu können. Säure zum Beispiel ist ein sehr gefährlicher Stoff, der normalerweise bei allen Säugetieren und damit auch beim Menschen sowie bei Wirbeltieren wie Amphibien und Fischen sehr schmerzhafte Verätzungen und Entzündungen auslöst.

Beim Afrikanischen Nacktmull ist das jedoch völlig anders. Er ist das einzige Wirbeltier, das Säurereizungen überhaupt nicht wahrnimmt und auch damit verbundene Entzündungen nicht spürt. Den Schmerzforschern in Berlin und Chicago gelang es jetzt, den Grund für dieses ungewöhnliche Verhalten nachzuweisen. Die Schmerzfühler in der Haut der Nacktmullen werden überhaupt nicht aktiviert, wenn sie mit Säure in Kontakt kommen. Auch dann nicht, wenn sie einen pH-Wert von unter 3,5 hat, was der stärksten Säure entspricht, die Chemiker in einem Labor einsetzen.

 

Heftige Reaktion der Schmerzfühler auf Chilipfeffer

Im Gegensatz dazu reagieren die Schmerzfühler der Nacktmullen auf das Capsaicin in Pfeffer- oder Chilischoten sehr heftig. Capsaicin löst normalerweise Brennen und Hitzeempfinden im Mund aus, wenn man sehr scharf isst, auf der Haut sind hohe Dosen dieses feurigen Stoffs sehr schmerzhaft. Nicht so jedoch bei den Afrikanischen Nacktmullen. Obwohl Capsaicin auf ihrer Haut die Schmerzfühler aktiviert, reagieren die Tiere paradoxerweise überhaupt nicht darauf. Der scharfe Stoff macht ihnen gar nichts aus.

Wie Prof. Lewin und Prof. Park jetzt herausgefunden haben, aktivieren bei den Nacktmullen die auf Capsaicin reagierenden Schmerzfühler andere Regionen im Gehirn als bei "normalen" Säugetieren, die über die gleichen Schmerzsensoren verfügen. Die beiden Neurobiologen vermuten, dass die Information "Schmerz" bei den Nacktmullen entweder ins Leere läuft oder möglicherweise angenehme Gefühle weckt.

 

Extreme Lebensbedingungen

Weshalb der Nacktmull auf Säure überhaupt nicht reagiert, bei Capsaicin aber sehr heftig und dennoch keinen Schmerz spürt, führen die Forscher auf die Anpassung an seine extremen Lebensbedingungen zurück. Nacktmulle leben in engen, dunklen Höhlengängen in den Halbwüsten Zentralostafrikas dicht gedrängt in Kolonien mit bis zu 300 Tieren. Dadurch ist der Sauerstoffgehalt der Luft sehr gering, der Kohlendioxidgehalt hingegen so hoch, dass ein Mensch in dieser Luft kaum überleben könnte. Nacktmulle haben ihren Staat ähnlich wie Bienen oder Termiten organisiert. Sie trinken nicht und ernähren sich nur von Knollen. Auch ist der Nacktmull das einzig bekannte wechselwarme Säugetier. Das bedeutet, er passt seine Körpertemperatur der Umgebung an. Wird ihm zu kalt, muss er sich in wärmere Ecken seiner Höhle verkriechen, ähnlich wie Eidechsen, die zum Aufwärmen in die Sonne gehen. Darüber hinaus werden Nacktmulle im Vergleich zu Mäusen geradezu steinalt. Während Mäuse eine natürliche Lebenserwartung von etwa zwei Jahren haben, können Nacktmulle 25 Jahre alt werden.

Die Schmerzforscher weisen darauf hin, dass hoher Kohlendioxidgehalt zu einer Daueraktivierung von Schmerzsensoren führt. Offenbar ist dieser Mechanismus bei den Nacktmullen aber im Laufe der Evolution stillgelegt worden und sicherte so den Stärksten von ihnen das Überleben. Die Unempfindlichkeit gegenüber Entzündungsschmerz könnte nach Ansicht der Forscher ein Nebenprodukt der Anpassung an die extremen Lebensbedingungen sein.

Jetzt wollen Prof. Lewin und Prof. Park auch die molekularen und zellulären Mechanismen für die Schmerzunempfindlichkeit der Nacktmullen erforschen. Sie hoffen, dadurch auch Einblick in die 'normale' Schmerzwahrnehmung von Säugetieren und damit des Menschen zu gewinnen.

 

Quellen und Artikel:

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Open Access Article:
Thomas J. Park, Ying Lu, René Jüttner, Ewan St. J. Smith, Jing Hu, Antje Brand, Christiane Wetzel, Nevena Milenkovic, Bettina Erdmann, Paul A. Heppenstall, Charles E. Laurito, Steven P. Wilson, Gary R. Lewin:
Selective Inflammatory Pain Insensitivity in the African Naked Mole-Rat (Heterocephalus glaber).
In: Plos Biology; PLoS Biol 6(1): e13, 2008; doi:10.1371/journal.pbio.0060013.

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Quelle: Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch

 

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