Selen ist ein für unsere Ernährung unverzichtbares Spurenelemen - enthalten zum Beispiel in Getreide, Lachs, Nüssen, Pilzen etc. Der Gehalt an Selen in unserer Nahrung steht in direkter Relation zur Konzentration des chemischen Elements im Boden. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass die Selen-Konzentration geringer ist, wenn der pH-Wert und die Sauerstoffverfügbarkeit hoch und der Anteil an Ton und organischem Kohlenstoff im Boden gering sind. Wie nationale und regionale Erhebungen zeigen, findet man in Europa selenarme Böden vor allem in Deutschland, Dänemark, Schottland, Finnland und eingen Ländern des Balkans.
Über die globale Verteilung von Selen hingegen wusste man bisher vergleichsweise wenig. Dank der Auswertung vieler Daten, die zu anderen Zwecken gesammelt wurden, ist es Forscherinnen und Forschern der Eawag, der ETH Zürich und anderen Instituten jetzt gelungen, diese globale Verteilung zu rekonstruieren.
Niederschläge beeinflussen Selenkonzentration
Die Wissenschaftler trugen die Informationen aus 16 zwischen 1994 und 2016 erhobenen Datensätzen zusammen und werteten über 33000 Bodenproben aus. Sie analysierten in den obersten 30 Zentimetern des Bodens die Selen-Konzentrationen und 26 weitere Umweltvariablen. Es zeigte sich, dass vor allem die Wechselwirkungen zwischen Klima und Boden eine Rolle für die Verteilung von Selen spielen. Den grössten Einfluss auf die Selenkonzentration im Boden haben Niederschläge sowie das Verhältnis zwischen Niederschlag und Verdunstung - der so genannte Trockenheitsindex.
Bei Niederschlägen werden die Böden ausgewaschen und das Selen geht dadurch verloren. Gleichzeitig können Niederschläge aber auch einen positiven Effekt auf den Selen-Gehalt haben. Denn nasse Böden haben einen geringeren Sauerstoffgehalt und sind etwas saurer, so dass das negativ geladene Selen besser an Bodenpartikeln gebunden bleibt. In Gebieten mit wenig bis mittlerem Niederschlag und hohem Tonanteil ist ein hoher Selen-Gehalt am wahrscheinlichsten. Trockene, basische Böden mit wenig Ton enthalten eher wenig Selen.
Selenverlust in Indien und Europa
Basierend auf diesen Erkenntnissen modellierten die ForscherInnen die durchschnittliche Selen-Konzentration der Böden für die Zeiträume von 1980 bis 1999 und 2080 bis 2099. In Teilen von Australien, China, Indien und Afrika könnte der Selenanteil aufgrund des Klimawandels zunehmen. Insgesamt werde der Selengehalt in den Böden aber abnehmen, folgern die ForscherInnen.
Im Vergleich zu 1980 bis 1999 weisen bis zum Ende dieses Jahrhunderts (2080 bis 2099) zwei Drittel der landwirtschaftlich genutzten Flächen einen durchschnittlichen Selenverlust von rund neun Prozent auf. Betroffen sind vor allem Ackerflächen in Europa und Indien, China, der Süden Südamerikas, Südafrika und der Südwesten der Vereinigten Staaten.
Böden mit Selen düngen
Diese Verluste können auch für unsere Gesundheit von Bedeutung sein. Bereits heute sind bis zu einer Milliarde Menschen von einer ungenügenden Selenzufuhr betroffen. Die Autoren sehen ihre Studie als frühzeitige Warnung für humanitäre Organisationen und die Agrarindustrie. Um dem Selenmangel entgegenzuwirken, könnte selenhaltiges Düngemittel eingesetzt werden. Finnland tut dies bereits seit 1984. Zudem könnte man Selen auch als Zusatzstoff für Tierfutter verwenden.
Gesundheitliche Bedeutung von Selen
Selen ist essentiell für die menschliche Gesundheit und wird durch die Nahrung aufgenommen. Durch seine antioxidative Wirkung fängt es freie Radikale ab und spielt somit eine wichtige Rolle für das Immunsystem. Zudem dient es dem Körper als Baustein für zahlreiche Eiweisse. Heute sind bis zu einer Milliarde Menschen von einem Selenmangel betroffen. Dieser kann zum Beispiel eine Erkrankung des Herzmuskels zur Folge haben. Aber auch zu viel Selen kann schädlich sein und zu Erbrechen, Leberschäden oder einer Störung des Geschmacks führen.
Zusatzinformationen:
G.D. Jones et al.:
Selenium deficiency risk predicted to increase under future climate change.
In: Proceedings of the National Academy of Sciences; 2017, DOI 10.1073/pnas.1611576114
Quelle: Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich), Schweiz
Aktualisiert am 21.02.2017.
Permalink: https://www.internetchemie.info/news/2017/feb17/selenmangel-durch-klimawandel.php
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