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Publiziert am 24.01.2008 Infos zum Internetchemie RSS News Feed

Totalsynthese des marinen Makrolids Neopeltolid

Die Vollsynthese des Moleküls könnte zur Entwicklung neuer Krebsmittel führen.


 
Anfang des Jahres 2007 berichtete die Meereschemikerin Amy Wright in einer Fachzeitschrift zur Naturstoffchemie 1) über die Isolierung einer neuen Verbindung aus einem seltenen Tiefseeschwamm [Familie der Neopeltidae; siehe Abbildung unten], die sich als besonders hemmend auf das Krebszellwachstum erwies.

Durch diesen Artikel wurde das Interesse von Karl A. Scheidt geweckt, der als Synthesechemiker von Naturstoffen mit medizinischem Potenzial fasziniert ist und sofort wusste, was zu tun ist: Das Molekül synthetisieren.

Sechs Monate später war diese Aufgabe erledigt; nur: Die Spektren der synthetisierten Substanz stimmten nicht mit denen des isolierten Naturstoffes überein.

Neopeltolid

Neopeltolid, C31H46N2O9

Als Ursache für dieses Problem boten sich den Wissenschaftlern zwei Möglichkeiten: Entweder hatten Scheidt und seine Mitarbeiter Daniel W. Custar und Thomas P. Zabawa bei der Synthese einen Fehler gemacht - oder die Neopeltolid-Struktur aus dem Originalartikel war falsch.

Scheidt und sein Team überprüften ihre Experimente und Überlegungen und fanden, dass sie genau richtig lagen; die Neopeltolid-Struktur aus Amy Wright`'s Artikel war falsch. Nochmals - unter Verwendung einfacher Ausgangssubstanzen und Anwendung komplexer Synthesewege - synthetisierten die Chemiker ein neues Molekül, das sich ein wenig (an den C-Atomen C11 und C13) vom ersten unterscheidet und dessen Spektraldaten exakt mit denen der isolierten Verbindung übereinstimmen. Ihre Ergebnisse veröffentlichten Sie in Journal of the American Chemical Society 2).

Tiefsee-Schwamm; Neopeltidae

Karl Scheidt synthetisierte den anticancerogenen Naturstoff Neopeltolid, der zuvor aus einem Tiefsee-Schwamm aus der Familie der Neopeltidae isoliert wurde.

Abbildung © Harbor Branch Oceanographic Institution.

Die gewonnenen Erkenntnisse über die Neopeltolid-Struktur wird Wissenschaftlern dazu verhelfen, die Wirkungsweise dieser Substanz zu verstehen, was wiederum zur Entwicklung sehr wirksamer Krebsmedikamente führen kann.

Über das Potenzial der neu entdeckten Substanz bemerkt Karl A. Scheidt, dass die beobachtete biologische Aktivität  phantastisch sei, im Vergleich zum Taxol®, einer ebenfalls natürlich vorkommenden Verbindung der pazifischen Eibe, bei einigen Krebsarten etwa zwei bis drei Größenordnungen effektiver.

Einige Tierarten (und auch Pflanzen) bilden verschiedene chemische Abwehrmechanismen aus, besonders, wenn sie wie im Fall des vorliegenden Tiefsee-Schwamms, sich nicht bewegen und vor Fressfeinden fliehen können. Für Forscher sind diesen natürlichen chemischen Fabriken besonders interessant, weil sie eine Vielzahl von Anregungen liefern, Ideen für pharmazeutische Wirkstoffe und selbst Wege zur Entwicklung von Krebsmedikamenten aufzeigen. "Die Natur ist die Apotheke überhaupt", bemerkt Scheidt hierzu.

Beeindruckt von dieser Arbeit zeigte sich Amy Wright, die das Neopeltolid aus einem Schwamm isolierte, den sie 1993 von Jamaika mitbrachte. In ihrem Artikel beschreibt sie Neopeltolid als wirksamen Hemmstoff bei Zellen der Lungenadenokarzinom-Linie A549, bei der Leukämie-P388-Zelllinie und anderen sowie als wachstumshemmend auf Zellen des pathogenen Pilzes Candida albicans.

Laut Scheidt stoppt Neopeltolid die Zellteilung an ungewöhnlichen Stellen, und auch die Aktivität unterscheidet sich von anderen allgemein bekannten und verwendeten Chemotherapeutika: "Wir wissen, dass etwas anderes bei diesem neuen Molekül passiert, und wir wollen es herausfinden, wenn diese Wirkung einer neuer Weg zur Krebsbekämpfung ist."

 

Neopeltolid-Synthese

Der wesentliche Schritt der Bindungsbildung in Scheidt`s Synthese ist eine Lewissäure-katalysierte intramolekulare Cyclisierung, die zur gleichzeitigen Bildung des Tetrahydropyranringes und des Makrocyclus führt. Diese Art der Cyclisierung wurde hier erstmals angewandt und führt effektiv zum gezeigten Kohlenstoff-Grundgerüst.

Gleichzeitig und unabhängig voneinander arbeitete ein weiteres Team um James S. Panek von der Universität Boston an der Synthese und der Strukturaufklärung des Neopeltolids 3). Auch diese Wissenschaftler korrigierten die von Wright publizierte Struktur. Die Synthese dieser Forschergruppe erfolgte unter anderem über eine modifizierte Evans-Tischtschenko-Reduktion zur Einführung des Stereozentrums C11, eine [4+2]-Anellierung zum Pyransystem und eine Still-Gennari-Olefinierung zum Aufbau der Oxazol-Seitenkette.

Neopeltolid wird chemisch den Makroliden [auch: Makrolaktone] zugeordnet. Makrolide sind nach Woodward  [Angewandte Chemie 69 (157) Seite 50 bis 58] makrocyclische Verbindungen, die eine Lactongruppierung enthalten. Bekannte Vertreten dieser Gruppe sind die  Makrolidantibiotika (z. B. Erythromycin; Clarithromycin; Azithromycin; Roxithromycin; ...); Antimykotika wie Nystatin und Natamycin; Topische Immunsuppressiva; das Mykotoxin Zearalenon u. a.

 

 

Quellen und Artikel:

1)

Amy E. Wright, Julianne Cook Botelho, Esther Guzmn, Dedra Harmody, Patricia Linley, Peter J. McCarthy, Tara P. Pitts, Shirley A. Pomponi, and John K. Reed:
Neopeltolide, a Macrolide from a Lithistid Sponge of the Family Neopeltidae.
In: Journal of Natural Products; J. Nat. Prod., 70 (3), 412-416, 2007; doi 10.1021/np060597h.

2)

Daniel W. Custar, Thomas P. Zabawa, and Karl A. Scheidt:
Total Synthesis and Structural Revision of the Marine Macrolide Neopeltolide.
In: Journal of the American Chemical Society; . Am. Chem. Soc., 130 (3), 804 -805, 2008; doi 10.1021/ja710080q.

3)

Siehe auch:
Willmen Youngsaye, Jason T. Lowe, Frauke Pohlki, Paul Ralifo, James S. Panek:
Total Synthesis and Stereochemical Reassignment of (+)-Neopeltolide.
In: Angewandte Chemie; Volume 119, Nr. 48 , Seiten 9371 - 9374; doi 10.1002/ange.200704122 mit NMR-Daten zum Neopeltolid.

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Audio [mp3, englischsprachig]: Karl Scheidt über seine Arbeit zur Synthese von Neopeltolidin und zu dessen erfolgversprechenden Möglichkeiten in der Krebsbekämpfung.

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United States Patent 7179828:
Biologically active neopeltolide compounds.
The subject invention provides novel compositions of biologically active macrolide compounds which can advantageously be used in blocking cellular proliferation, treatment of cancer, treatment of fungal infections and control of spoilage of food, cosmetic and other consumer items.

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Source: Northwestern University, Evanston, IL, USA

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English Version

 

Weitere Informationen:

-

Krebs: Molekulare Grundlagen

-

Aktuelle Forschungsartikel zur Naturstoffchemie in einschlägigen Fachzeitschriften

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