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Publiziert am 23.11.2009 Infos zum Internetchemie RSS News Feed

Peptiderkennung im vomeronasalen Organ


 
Wie wir uns beschnuppern: Strukturelle Voraussetzungen für die Aktivierung vomeronasaler Riechrezeptoren durch MHC-Peptide.

Viele Säugetiere, darunter auch der Mensch, haben einen wirklich guten Riecher für ihre Artgenossen: Über Duftstoffe, sogenannte Pheromone, können sie zum Beispiel das Geschlecht, den sozialen Status und sogar den Gesundheitszustand eines anderen Individuums erschnuppern. Tatsächlich lösen solche Pheromone beim Empfänger komplexe Verhaltensänderungen in Bezug auf Partnerwahl, Aggressionen und soziales Miteinander aus. Spezialisierte Nervenzellen (Neurone) im Vomeronasalorgan der Säugernase detektieren die Pheromone mithilfe von Rezeptormolekülen (Sensoren) auf der Zelloberfläche und regulieren durch elektrische Signale das Hormonsystem. Wie diese Regulation von außen aber im Detail funktioniert und welche Botenstoffe und Rezeptoren an diesem Prozess beteiligt sind, ist noch weitgehend unbekannt.

Ein wichtiger Schritt zum besseren Verständnis des Mechanismus ist nun Professorin Dr. Trese Leinders-Zufall vom Institut für Physiologie der Medizinischen Fakultät der Universität des Saarlandes gelungen. Seit dem Jahr 2008 erforscht die gebürtige Niederländerin im Rahmen einer von der VolkswagenStiftung mit rund 1,34 Millionen Euro ausgestatteten Lichtenberg-Professur die Grundlagen der Pheromonkommunikation bei Säugetieren am Vomeronasalorgan von Mäusen. Neue Erkenntnisse werden in der Dezemberausgabe des renommierten Fachmagazins Nature Neuroscience veröffentlicht. Sie sind jetzt vorab Online erschienen [siehe unten].

Bereits 2004 gelang Dr. Trese Leinders-Zufall der Nachweis, dass aus dem Immunsystem stammende Peptidmoleküle - das sind Ketten aus mehreren Aminosäuren - bei Mäusen als Pheromone fungieren. Diese werden von einer speziellen Untergruppe sensorischer Nervenzellen im vomeronasalen Organ erkannt und dienen als Individualitätssignal: eine Art duftender Fingerabdruck, der im Empfängerindividuum das Partnerwahlverhalten beeinflusst. Nun fanden die Wissenschaftlerin und ihre Kollegen heraus, dass diese Nervenzellen die Peptide nur dann erkennen können, wenn ein bestimmtes Gen, das Riech-Rezeptorgen V2r1b, in der Zelle aktiv ist. Schalteten die Forscher dieses Gen aus, funktionierte auch die Peptiddetektion nicht mehr.

Außerdem konnten die Forscher zeigen, dass die untersuchten Nervenzellen äußerst sensitive Detektoren für Peptide sind: Schon geringste Konzentrationen des Botenstoffs (vergleichbar mit dem Zwanzigstel eines Salzkorns gelöst in einem wassergefüllten 50m-Schwimmbecken) reichen für eine Aktivierung der Nervenzelle. Zudem ist die Peptiderkennung hoch spezifisch. Die Neurone sind in der Lage, sogar Peptide voneinander zu unterscheiden, die in ihrer Kettenstruktur nur durch eine einzelne Aminosäure voneinander abweichen.

Die gleichen Peptide, die von Neuronen im vomeronasalen Organ der Maus erkannt werden, finden sich auch auf der Oberfläche von Körperzellen, wo sie von spezialisierten Proteinkomplexen "präsentiert" werden. Anhand der Peptide können die Abwehrzellen des Immunsystems Freund von Feind unterscheiden - also körpereigene und gesunde von fremden oder infizierten Zellen. Dies spricht für einen gemeinsamen Ursprung und eine "Co-Evolution" der Erkennungsmechanismen bei Immunabwehr und Pheromonkommunikation.

Bei ihren Forschungen arbeitet Dr. Trese Leinders-Zufall eng mit Professor Dr. Peter Mombaerts vom Max-Planck-Institut für Biophysik in Frankfurt am Main, Tomohiro Ishii von der Tokyo Medical and Dental University, Professor Dr. Thomas Boehm vom Max-Planck-Institut für Immunbiologie in Freiburg im Breisgau und Professor Dr. Frank Zufall vom Institut für Physiologie der Medizinischen Fakultät der Universität des Saarlandes zusammen. Mit den nun veröffentlichen Erkenntnissen haben die Wissenschaftler eine molekulare Grundlage für die Peptiderkennung im vomeronasalen Organ der Säugetiere gelegt, die für die weitere Forschung auf diesem Gebiet unerlässlich ist.


Die Universität des Saarlandes schreibt hierzu:

Wie Düfte den Partner anlocken

Wie attraktiv eine Maus als Geschlechtspartner für ihre Artgenossen ist, hängt von ihrer "Duftnote" ab - spezifischen körpereigenen Eiweißstoffen. Diese Botenstoffe geben Auskunft über ihr Immunsystem und ihren Gesundheitszustand. Welche Vorgänge dabei im Einzelnen ablaufen, war bisher weitgehend unbekannt. Dem Professoren-Ehepaar Trese Leinders-Zufall und Frank Zufall von der Medizinischen Fakultät der Universität des Saarlandes ist nun ein entscheidender Schritt zum Verständnis der molekularen Abläufe gelungen: In Riechzellen der Maus wiesen sie erstmals Rezeptoren nach, die so sensibel sind, dass sie sogar einzelne Eiweißmoleküle, so genannte MHC-Peptide, wahrnehmen können.

Chemische Botenstoffe, so genannte Pheromone, haben für die Kommunikation zwischen Tieren enorme Bedeutung: Bei Säugetieren steuern sie Verhaltensweisen wie Aggression, Nestbau oder Sexualverhalten. Welche spezifischen Botenstoffe Mäuse wahrnehmen und wie sich diese auf ihr Verhalten auswirken, erforscht das Professoren-Ehepaar Trese Leinders-Zufall und Frank Zufall im Institut für Physiologie der Universität des Saarlandes. Besonders interessiert sind die Biologen an einer speziellen Gruppe von Pheromonen, den MHC-Peptiden (MHC steht für major histocompatibility complex). Bekannt ist, dass diese kurzkettigen Eiweiße eine wichtige Rolle bei der Immunabwehr spielen, wo sie entweder als körpereigene oder körperfremde Substanzen erkannt werden.

Dass die gleichen MHC-Peptide auch für die spezielle Duftnote eines Individuums verantwortlich sind, zeigten Trese Leinders-Zufall und ihre Kollegen bereits im Jahr 2004. Damals gelang ihnen der Nachweis, dass Mäuse MHC-Peptide, die man bisher nur mit dem Immunsystem in Verbindung brachte, auch mit der Nase wahrnehmen. Sie können also das Immunsystem und den Gesundheitszustand eines potenziellen Geschlechtspartners "erschnüffeln" - eine entscheidende Information bei der Wahl des passenden Partners. Inwieweit die menschliche Nase solche Peptide wahrnimmt, weiß man bisher nicht.

Am Beispiel der Mäuse konnten die Wissenschaftler ebenfalls zeigen, dass auch das Hormonsystem auf MHC-Peptide reagiert: So kommt es bei trächtigen Mäuseweibchen zu einem Schwangerschaftsabbruch, wenn sie in engen Kontakt mit fremden Männchen kommen, ein Vorgang, der schon lange als "Bruce Effekt" bekannt ist. Den Forschern gelang der Nachweis, dass der Schwangerschaftsabbruch durch MHC-Peptide ausgelöst wird. Sie gehen davon aus, dass diese Eiweißstoffe in Körperflüssigkeiten wie Schweiß und Urin gelöst sind und durch direkten Körperkontakt zwischen den Tieren übertragen werden.

In ihren jüngsten Untersuchungen gelang dem Professoren-Ehepaar ein erster Durchbruch bei der Erforschung der molekularen Grundlagen dieser Vorgänge. Während bisher lediglich die beschriebenen Phänomene bekannt waren, konnten die Forscher nun erstmals die beteiligten Rezeptormoleküle nachweisen: Sie tragen die Bezeichnung V2r1b und sitzen in den Zellmembranen der Riechzellen des Vomeronasalorgans, des wichtigsten Sinnesorgans für die Wahrnehmung von Pheromonen bei der Maus. Damit die Peptide als Duftstoffe erkannt werden, müssen sie an der Moleküloberfläche des Rezeptors gebunden werden, wodurch die Riechzelle angeregt wird. Trese Leinders-Zufall und Frank Zufall fanden heraus, dass die untersuchten Nervenzellen bereits auf geringste Konzentrationen von MHC-Peptiden reagieren und sogar einzelne Moleküle wahrnehmen. Damit handelt es sich um die empfindlichsten Sinneszellen in der Nase, die bisher bekannt sind.

Die neuen Forschungsergebnisse liefern wichtige Erkenntnisse für die weitere Grundlagenforschung. Möglicherweise kann es mit ihrer Hilfe in Zukunft auch gelingen, künstliche hochsensible Geruchssensoren zu entwickeln. Doch vor allem liefern die Ergebnisse tiefere Einblicke in die Evolution: Sie beweisen, dass das Nervensystem in diesem Fall ganz ähnliche Erkennungsmechanismen benutzt wie das Immunsystem, woraus sich schließen lässt, dass zwischen beiden eine Art Koevolution existiert. Ob dies letztlich dem Zweck dient, möglichst gesunde Nachkommen zu erzeugen, darüber lässt sich bisher nur spekulieren.

Welche molekularen Interaktionen zwischen dem Nervensystem, dem Immunsystem und dem Hormonsystem existieren und wie sich diese Mechanismen auf die Signalübertragung zwischen Zellen, Organen und Individuen auswirken, wollen die Fachrichtungen Physiologie und Biophysik der Medizinischen Fakultät der Universität des Saarlandes in einem gemeinsamen Forschungsschwerpunkt untersuchen. Für die Etablierung dieser bisher wenig untersuchten Forschungsrichtung entsteht auf dem Homburger Campus in Kürze das neue "Zentrum für Integrative Physiologie und Molekulare Medizin". Für dieses Forschungszentrum konnten seine beiden Hauptinitiatoren, Professor Frank Zufall und der Physiologe Professor Jens Rettig, bereits etwa 31 Millionen Euro an Bundes- und Landesmitteln einwerben.

Die neue Arbeit von Professorin Trese Leinders-Zufall und Professor Frank Zufall entstand gemeinsam mit Professor Peter Mombaerts vom Max-Planck-Institut für Biophysik in Frankfurt am Main, Dr. Tomohiro Ishii von der Tokyo Medical and Dental University und Professor Thomas Boehm vom Max-Planck-Institut für Immunbiologie in Freiburg.


Hintergrund Lichtenberg-Professuren

Mit ihrer Förderinitiative "Lichtenberg-Professuren" gibt die VolkswagenStiftung einen Anstoß für die Eröffnung alternativer Qualifizierungs- und Berufungswege an deutschen Hochschulen. Der Leitgedanke hinter dieser Initiative lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Ziel ist es, herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Verbindung mit innovativen Lehr- und Forschungsfeldern zu fördern und damit auch zu einer Profilbildung der besten unter den deutschen Hochschulen beizutragen - im Interesse des Wissenschaftsstandortes Deutschland. Mit den Lichtenberg-Professuren sollen also in einem Zug sowohl thematische als auch strukturelle und forschungspolitische Akzente gesetzt werden. 25 solcher Professuren hat die Stiftung seit dem Jahr 2003 an 17 deutschen Hochschulen eingerichtet; zuletzt kamen im Sommer 2009 vier weitere hinzu, die ihre Arbeit allerdings noch nicht aufgenommen haben.


 

Quellen und Artikel:

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Trese Leinders-Zufall, Tomohiro Ishii, Peter Mombaerts, Frank Zufall & Thomas Boehm:
Structural requirements for the activation of vomeronasal sensory neurons by MHC peptides.
In: Nature Neuroscience; 12, 1551 - 1558, published online: 22 November 2009
DOI: 10.1038/nn.2452
URL: direct link

 

Quellen:

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VolkswagenStiftung

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Universität des Saarlandes

 

Weitere Informationen:

-

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